Das kann doch nicht wahr sein…….

Es ergab sich, dass wir in Kerala einen Schulfreund von Ina besuchen konnten. Um in einem Waisenhaus zu helfen war er nach Indien gekommen und hielt sich momentan in einem Ashram nicht weit abseits unserer Route auf. Dort wurden auch wir herzlichst aufgenommen und bestens von den unglaublich netten Patern und Brüdern versorgt. Letztlich halfen sie uns auch geduldig bei der (wie meist) schwierigen Beschaffung der Zugtickets für die Weiterreise. Dennoch lief so einiges bei unserer Fahrt nach Goa nicht ganz glatt…. Es fing damit an, dass wir schon zu Beginn in den falschen Zug stiegen. Nach drei Stunden Fahrt wies uns dann ein Chaffner darauf hin. Er erklärte uns aber auch, dass wir einfach bei der nächsten Station, Thirur, aussteigen und in unseren Zug umsteigen könnten. Das machten wir auch. Wie üblich herrschte erstmal Chaos im Abteil sobald wir mit unseren acht Rucksäcken einfielen. Der Gang ist versperrt, Leute saßen auf unseren reservierten Plätzen, es dauert, bis wir das ganze Gepäck unter den Sitzen verstaut haben… Als wir dann losfuhren und Ina routinemäßig das Gepäck durchzählte, fehlte ihr kleiner Rucksack. Die Zeit reichte gerade noch um auf den Bahnsteig zu schauen, aber da lag er nicht mehr. Wir räumten mehrmals unser ganzes Gepäck unter den Sitzen hervor, weil wir es einfach nicht fassen konnten, dass der jetzt weg sein soll und dachten er sei einfach irgendwo dazwischen gerutscht. Dann rannten wir mehrmals durch den (über einen Kilometer langen! ) Zug, suchten alles ab, durchsuchten alle Toiletten…. weg. Nach zwei Monaten Indien, in denen wir nur nette, hilfsbereite Menschen getroffen hatten, sollte uns nun jemand bestohlen haben? Wir wollten es einfach nicht glauben. Inas Spiegelreflexkamera, IPod, Tagebuch, … Alles weg. Beim nächsten Halt lief wir sogar am Bahnsteig herum um den Dieb vielleicht beim Aussteigen zu erwischen. Nichts. Gleichzeitig hatten wir den Chaffner verständigt, der die Polizei anrief. Als der dann nach drei Stunden bekannt gab, die hätten in Thirur keine Zeit um nach dem Rucksack zu sehen, wurde Ina klar, dass sie bei den indischen Arbeitsmethoden den Rucksack nie wieder sehen würde. Dann auf einmal (nach2Std) wärend derZug stoppt, fallen von allen Seiten Polizisten in unser Apteil ein und viele Schaulustige. Protokoll erstellen, mehr kann man hier nicht machen. Kurz nachdem die Polizisten unser Abteil verlassen hatten – kam der Chef zurück. Der Rucksack sei bei der Bahnhofspolizei in Thirur abgegeben worden. Weil der Rucksack nur persönlich übergeben werden durfte, stiegen Georg und Ina an der nächsten Haltestelle aus und kaufen ein Ticket nach Thirur. Inzwischen waren wir aber schon vier Stunden von dem Bahnhof entfernt. Wir konnten es eigentlich immer noch nicht fassen, dass der Rucksack gefunden wurde und rechneten damit, dass er vielleicht leer ist. Dennoch quetschten die beiden sich in den Zug nach Thirur. Allerdings hatten sie ein Ticket ohne Reservierung gekauft, weshalb sie sich dann in einem Waggon wieder fanden, der so voll war wie auf diesen berühmten Fotos von indischen Zügen. Nach einer Stunde in der sie nichtmal die Füße bewegen konnten, hielt der Zug das erste mal und sie stiegen in einen anderen Waggon, wo sie wenigstens Platz hatten, um sich auf den Boden zu kauern. Nach vier äußerst unbequemen Stunden kamen sie dann in Thirur an und konnten tatsächlich alles unbeschadet in Empfang nehmen. Der Rucksack war auf den Schienen gelegen. Die einzig mögliche Erklärung dafür ist, dass Ina ihn in dem Chaos beim Einteigen auf die anderen Rucksäcke gelegt hatte. Die hatten wir auf eine Sitzbank gestellt um sie dann nach und nach zu verstauen. Und bei dieser Sitzbank war ein Notfenster, bei dem man das Metallgitter hochschieben konnte. Das war wohl oben und der Rucksack ist in dem hin und her und dem Gedrängel einfach zum Fenster rausgefallen. Das absolut unglaubliche ist aber, dass den Rucksack in den drei Stunden, in denen er da lag, keiner mitgenommen hat. An den Bahnhöfen hier gibt es viele Menschen, die wirklich Geld brauchen und der Wert dieses Rucksacks hätte für den ein oder anderen Inder ein neues Leben bedeutet. Und in diesen drei Stunden hatte kein Polizist oder Bahnangestellter nach dem Rucksack geschaut. Sondern ein Passagier hatte ihn aufgehoben und in der Bahnhofspolizei abgegeben. So viel Glück scheint eigentlich unmöglich. Aber dieses Erlebnis, das keiner der Inder glauben kann, dem wir es erzählen, war für uns der letzte Beweis dafür, wie gut es Indien mit uns meint.Nachdem Ina alles von den Beamten in Empfang genommen hatten, die sich selbst riesig für uns freuten, wollten sie und Georg mit dem nächsten Zug nach Goa. Aber der mürrische Ticketverkäufer meinte nur, er könne ihnen weder etwas reservieren noch ein Ticket verkaufen. Um drei Uhr nachts stiegen sie also ohne Ticket in den Zug ein und wurden direkt von vier Polizisten empfangen, die ihr Ticket sehen wollten. Nach vergeblichen Versuchen ihnen die Situation zu erklären, ließen sie die beiden aus irgendeinem Grund tatsächlich in dem Schlafwagon mitfahren und es fanden sich sogar noch zwei freie Liegen und die beiden konnten fünf Stunden lang etwas ausruhen, wenn es auch äußerst unbequem war. Um acht Uhr waren sie dann an der Station, an der sie laut der Erklärungen vieler netter Passagiere umsteigen müssten um nach Goa zu kommen. Aber der nächste Zug fuhr dann doch erst um ein Uhr nachmittags. So schlugen sie also die Zeit tot. Irene und Anne waren inzwischen schon in Goa angekommen und hatten sie aus dem Hotel angerufen um ihnen die Adresse mit zu teilen. Als es schon dunkel war, vereinte sich unsere Familie wieder am Strand. Zwar etwas übermüdet nach den dreißig Stunden Zugfahren, aber glücklich dass das Abenteuer so gut ausging. Wir verbrachten ein paar erholsame und wunderbare Tage an einem ruhigen Strand und genossen die Gesellschaft netter Inder und Touristen.

Dieser Beitrag wurde unter Start veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar